Im Rahmen eines Podcast-Interviews für das Jugendmagazin „Die Klette“, zur kommenden Gemeinderatswahl 2025 in Niederösterreich, nimmt der Wr. Neustädter Bürgermeister, Klaus Schneeberger, sehr verstörende und menschenunwürdige Worte beim Thema Integration in den Mund.
Er meinte dazu:
„Ich war unlängst in der Baumkirchnerring Schule. Ich habe in einer Klasse gefragt: Und wer spricht zu Hause Deutsch? Drei Kinder haben aufgezeigt. Was soll die Politik da machen? Was soll der Bürgermeister machen? Ich kann’s ja ned daschlogn.“
Wir kritisieren diese Wortwahl aufs Schärfste. Diese zeigt wie menschenverachtend von führenden Politikern in Niederösterreich gedacht wird.
Deshalb haben wir eine e-mail an den Hrn. Bürgermeister verfasst, damit diese „Einzelfälle“ nicht zur Normalität werden. Wir müssen unseren Politikern Grenzen aufzeigen, wenn diese klar überschritten werden.
OFFENE e-mail an Wr. Neustädter Bürgermeister Klaus Schneeberger
From: ggbuchberger@aon.at <ggbuchberger@aon.at>
Sent: Wednesday, January 15, 2025 23:30
To: klaus.schneeberger@wiener-neustadt.at <klaus.schneeberger@wiener-neustadt.at>
Cc: christian.stocker@wiener-neustadt.at <christian.stocker@wiener-neustadt.at>; matthias.zauner@wiener-neustadt.at<matthias.zauner@wiener-neustadt.at>; vp.direkt@vpnoe.at <vp.direkt@vpnoe.at>; email@oevp.at <email@oevp.at>
Subject: Bestürzung und Empörung über Ihre kürzliche Aussage zur Benützung der Erstsprache in Familien
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Mag. Schneeberger,
zahlreiche Mitglieder unseres Vereins #zusammenHaltNÖ haben durch die Medien über Ihre kürzliche Äußerung in einem Postcast-Interview des Jugendmagazins „Die Klette“ zum Thema Integration erfahren und sind bestürzt und empört.
Wir können es eigentlich gar nicht fassen, dass sich der Bürgermeister von Wiener Neustadt und Politiker einer laut Eigendefinition christlich-sozialen Partei zur Äußerung hinreißen lässt, er könne Kinder, die zuhause nicht Deutsch sprechen „ja ned daschlogn.“ (Gemeinderatswahl – Polit-Wirbel rund um Aussage von Wiener Neustadts Bürgermeister – NÖN.at <https://www.noen.at/wr-neustadt/gemeinderatswahl-polit-wirbel-rund-um-aussage-von-wiener-neustadts-buergermeister-455753878fbclid=IwY2xjawH1L3lleHRuA2FlbQIxMAABHeM20SMu6GMfBax3C5zsBXbjXAkMzwgU5x7H6sP0pzemzyLRicoXo6FhaA_aem_qbgS-hTrgQJ9v6SVxIyrVQ> )
Und wenn anstatt einer Entschuldigung Ihrerseits für diese menschenverachtende – nicht flapsige (!) – Äußerung der ÖVP-Landesgeschäftsführer Zauner noch nachlegt und den Grünen, die das scharf kritisierten, unterstellt, sie würden „Wortklauberei“ betreiben, dann ist das einfach skandalös.
Nachdem einige unserer Vereinsmitglieder aus dem Lehrberuf bzw. der Lehrer*innenaus-, -fort-und -weiterbildung kommen und sich mit den Themen Sprachenerwerb und Mehrsprachigkeit teilweise seit Jahrzehnten beschäftigen, möchten wir Ihnen dringend empfehlen, sich zu diesen Themen ein Mindestmaß an Fachwissen anzueignen, um solch peinliche Situationen in Hinkunft zu vermeiden.
Hier einige Anregungen:
Eine Institution, die zum Thema Sprachenerwerb forscht und spezifisches Fachwissen publiziert bzw. an Lehrende und die interessierte Öffentlichkeit vermittelt, ist das ÖSZ/Österr. Sprachen-Kompetenz-Zentrum in Graz (Home | ÖSZ <https://www.oesz.at/> ). In zahlreichen Publikationen wird auf die Bedeutung der Mehrsprachigkeit und des Erstsprachenunterrichts hingewiesen und Mehrsprachigkeit zu Recht als „Schatz“ bezeichnet: MU-Folder-DT.pdf <https://www.schule-mehrsprachig.at/fileadmin/schule_mehrsprachig/redaktion/muttersprachlicher_unterricht/MU-Folder-DT.pdf?fbclid=IwY2xjawH1Nr9leHRuA2FlbQIxMAABHfkD2NME_tRou7R_4c-GyeibO-X2Fwgf4wj7d07SxyZtJbllMUtDlw9YxQ_aem_fPkODjS3FpqIFH7ebilyyA> ; schule-mehrsprachig: Normalität, Ressource, Herausforderung <https://www.schule-mehrsprachig.at/wissen/mehrsprachigkeit-migration/normalitaet-ressource-herausforderung>
Auch Forschungsergebnisse zahlreicher Sprachwissenschafter*innen im In-und Ausland belegen bereits seit Jahrzehnten, dass die Verwendung der Erstsprache in der Familie wichtig ist und es besser ist, daheim die Erstsprache zu verwenden, als dort möglicherweise fehlerhaftes Deutsch zu lernen. Und es ist auch erwiesen, dass der Erstsprachenerwerb den Zweitsprachenerwerb nicht behindert, wie noch immer von manchen Laien fälschlicherweise angenommen wird.
Hiezu seien z.B. auch Publikationen des Sprachwissenschafters Prof. Rudolf de Cillia/Universität Wien empfohlen: Spracherwerb in der Migration; Informationsblätter zum Thema Migration und Schule Nr. 3/2016-17 <https://pubshop.bmbwf.gv.at/index.php?rex_media_type=pubshop_download&rex_media_file=272_info3_16_17.pdf> (siehe Resumé S.8 und 9).
In der Hoffnung, dass wir zu Ihrer Wissenserweiterung beitragen konnten, verbleiben wir mIt freundlichen Grüßen,
Gerlinde Buchberger
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Mag. Gerlinde Buchberger MA
für den Verein #zusammenHaltNÖ
E-Mail: kontakt@zusammenhaltnoe.at <mailto:kontakt@zusammenhaltnoe.at>
Homepage: #zusammenHaltNÖ | Eine unabhängige Initiative für Menschenrechte, Solidarität und Demokratie <https://zusammenhaltnoe.at/>